Cimarron, 1931


HAMBURG VEDDEL

2009 verloren wir in Berlin unser senatsgefördertes Atelier am Käuzchensteig. Das ehemalige Staatsatelier von Arno Breker sollte in seinen Originalzustand rückgebaut und vom Ort künstlerischer Produktion zu einem der Repräsentation werden.

Da in Berlin kein bezahlbarer Arbeitsraum zu finden war, bewarben wir uns erfolgreich um eine Residency in Hamburg. Auf der Elbinsel Veddel schrieb Hamburgs größte Immobiliengesellschaft, die SAGA GWG, ein zweijähriges Stipendium aus – Kunst und Kultur als Standortfaktor, als Mittel zur Aufwertung und sozialen Befriedung.

Cimarron, 1931

In der Auseinandersetzung mit dem sogenannten Problemviertel Veddel, das zwischen HafenCity und IBA verstärkt in den Fokus der Stadtentwicklung geriet, stießen wir auf eine ortsspezifische Besonderheit: die Homogenität der Schumacher-Siedlung, die ursprünglich für Hafenarbeiter gebaut wurde, im Kontrast zur Heterogenität einer multiethnischen Bevölkerung mit Wurzeln in rund vierzig Herkunftsländern.

Unser Projekt LAND RUN fragt, wie ein Habitat aussehen könnte, das dieser Vielfalt entspricht. Wie ließe sich ein Siedlungsexperiment denken, das die Wechselwirkung von gebauter Umwelt und Identität untersucht – und wo könnte es stattfinden? Die milieugeschützte Wohninsel Veddel bietet dafür keinen Raum. Direkt angrenzend jedoch liegt der Kleine Grasbrook, ein 4,5 km² großes, durch die Schließung des Freihafens frei werdendes Areal, dessen Zukunft offen ist.

LAND RUN besetzt dieses Gelände mit einem spekulativen Szenario: Nach dem Fall der Zollschranken wird die Nachbarinsel Kleiner Grasbrook parzelliert und an BewohnerInnen der Veddel verschenkt. Ein Datum wird festgelegt, der Startschuss fällt, Claims werden abgesteckt – und Bauland wechselt den Besitzer.

Das Entwicklungsmodell entlehnt LAND RUN der Besiedlungsgeschichte des amerikanischen Westens, in der Landversprechen als Motor für Expansion dienten. In Hamburg, einer Stadt mit extremen Bodenpreisen und ausgeprägter sozialer Segregation, wird dieses Modell zur Provokation. LAND RUN versteht die multiethnische Vielfalt der Veddel nicht als Defizit, sondern als Potential – und das Geschenk von Land als Auslöser eines offenen, sozialen Aushandlungsprozesses.


In zwei Jahren Recherche und Projektentwicklung vor Ort wurde LAND RUN für uns zu einer Schule der Stadtentwicklungspolitik – und zu einer präzisen Linse auf die Bedingungen, unter denen urbane Zugehörigkeit heute verhandelt wird.