(030) 65 75 61, Modell: Christian Stock, Künstlerhaus Bethanien 1988


KÜNSTLERHAUS BETHANIEN BERLIN

Wir kreischten vor Begeisterung, als wir im Miettransporter auf die Autobahn Richtung Berlin einbogen und Karlsruhe hinter uns ließen, wo wir an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste studiert hatten. Ein ganzes Jahr würden wir im Künstlerhaus Bethanien ein Atelier beziehen – und die geringe Miete am Ende in Form einer Ausstellung und eines Katalogs zurückerhalten. Was für Aussichten!

Nach langer Fahrt durch die Transitzone der DDR erreichten wir das Künstlerhaus schließlich tief in der Nacht. Das schwere Eingangstor war verschlossen, und der Pförtner, der uns nach einigem Warten öffnete, wusste nichts von unserer Ankunft. Erst nach Diskussionen drückte er uns den Schlüssel zum Eckatelier im zweiten Stock in die Hand. Wir waren angekommen.

Im Nachbaratelier tüftelte ein Musiker der Einstürzenden Neubauten an neuen Instrumenten, Attila Richard Lukacs malte Homo-Hardcore-Szenen in Öl, Oliver Koerner von Gustorf und Ogar Grafe führten uns in die Szene rund um Die Tödliche Doris und das Kumpelnest 3000 ein. Der von Massenmördern faszinierte Maler James Rielly kochte vegetarische Suppen, Christian Stock gab den Bohemien, und die kanadische Künstlerin Terry Ewasiuk war für jedes Abenteuer zu haben.

Für uns stand schnell fest, dass unsere Abschlussausstellung in der Kapelle des Bethanien stattfinden sollte – und wir arbeiteten mit Hochdruck darauf hin. In der Schreinerei bauten wir Objekte, richteten eine eigene Lackierwerkstatt ein und druckten in den Werkstätten des Kulturwerks. Die Apple-Ära brach an: Das Bethanien bekam seinen ersten Rechner, den wir nachts nutzen durften. Und Frank Barth, den alle wegen seiner Launen fürchteten, wurde zu unserem Freund und Förderer.

Das Krankenhaus der Diakonissen Anstalt Bethanien zu Berlin